For­de­rungs­pa­pier zur Corona-Hilfe

Der Bund der Selb­stän­di­gen Deutsch­land e.V. ist in gro­ßer Sor­ge um den Bestand des Klein- und Mit­tel­stan­des in unse­rem Land. Des­halb haben wir gemein­sam mit unse­ren Lan­des­ver­bän­den und allen ange­schlos­se­nen Ver­bän­den ein For­de­rungs­pa­pier zur Coro­na-Hil­fe erstellt, das wir an Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­ter Peter Alt­mai­er, Bun­des­fi­nanz­mi­nis­ter Olaf Scholz und alle rele­van­ten poli­ti­schen Stel­len in Ber­lin geschickt haben mit der Hoff­nung auf Umset­zung und Weiterleitung.

Prä­am­bel
Der deut­sche Klein- und Mit­tel­stand ist eine maß­geb­li­che Stüt­ze in der deut­schen Wirt­schaft, er ist Quel­le für vie­le Inno­va­tio­nen und er ist eine wich­ti­ge Stüt­ze in der sozia­len Markt­wirt­schaft, sowohl was die wich­ti­ge sozia­le Funk­ti­on der Arbeit betrifft, als auch was das gesell­schaft­li­che Leben in den Städ­ten, Gemein­den und Regio­nen angeht. Der deut­sche Klein- und Mit­tel­stand ist somit auch ein wich­ti­ger Trä­ger von Frei­heit und sozia­ler Ver­ant­wor­tung, was das wesent­li­che Gerüst unse­rer sozia­len Markt­wirt­schaft aus­macht. Dem Mit­tel­stand kommt eine wich­ti­ge Rol­le auch im Kampf der Sys­te­me zu und bei der Stär­kung der euro­päi­schen Eini­gung. Als Ver­bän­de, die die Inter­es­sen die­ser wich­ti­gen Kraft im Wirt­schafts­me­cha­nis­mus ver­tre­ten, sind wir in gro­ßer Sor­ge um den Bestand des Klein- und Mit­tel­stan­des in unse­rem Land und for­mu­lie­ren die­ses For­de­rungs­pa­pier, weil wir nicht nur unse­re Unter­neh­men, son­dern auch die damit ver­bun­de­nen Wer­te, wie Frei­heit, Schöp­fer­kraft und selb­stän­di­ges Unter­neh­mer­tum in ihrer lang­jäh­ri­gen Tra­di­ti­on gefähr­det sehen.

 

05. Mai. 2020

For­de­rungs­pa­pier

 

Zusam­men­fas­sung der Kernforderungen:
1. Solo­selb­stän­di­ge müs­sen vor Abrut­schen in die Grund­si­che­rung geschützt wer­den, bestehen­de Hilfs­pro­gram­me müs­sen auch ihnen unbe­schränkt zur Ver­fü­gung stehen.

2. Neben­be­ruf­li­che Selb­stän­di­ge müs­sen antei­lig an den Hilfs­pro­gram­men betei­ligt wer­den, sofern der selb­stän­di­ge Ein­kom­mens­an­teil wesent­lich ist.

3. Berück­sich­ti­gung der beson­de­ren Situa­ti­on von Startups:
a. Kei­ne rück­wir­ken­de Ertrags­prü­fung bei Ent­schei­dun­gen über Corona-Hilfen
b. Ver­län­ge­rung der Auf­he­bung der Insolvenzantragspflicht
c. Inves­ti­tio­nen in Start­ups von der Steu­er befreien

4. Ver­hin­de­rung einer Schul­den­fal­le für unter­stütz­te und an sich sta­bi­le Unternehmen
a. Til­gungs­er­lass als direk­te Inves­ti­ti­ons­hil­fe zur Ankur­be­lung der Wirtschaft
b. Unter­schei­dung zwi­schen Eigen- und Fremd­ver­schul­den im Insolvenzrecht

5. Voll­stän­di­ge Aner­ken­nung von Dau­er­schuld­ver­hält­nis­sen bei der Ermitt­lung der Gewerbesteuer

Nach­fol­gend wird die jewei­li­ge Situa­ti­on mit ihren Fol­gen und die dar­aus abge­lei­te­ten For­de­run­gen zur Ver­hin­de­rung der nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen detail­liert beschrieben.

Ein­füh­rung
Bund und Län­der haben mit ver­schie­de­nen Unter­stüt­zungs­pro­gram­men sehr schnell reagiert, um die nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen der Coro­na-Pan­de­mie auf die deut­sche Wirt­schaft zu begren­zen. Das wird als ers­te Reak­ti­on grund­sätz­lich posi­tiv gewür­digt, es müs­sen jetzt aber drin­gend Nach­bes­se­run­gen erfol­gen, da unter­schied­li­che Berei­che der Wirt­schaft auch ganz unter­schied­lich betrof­fen sind und sich nun zeigt:

– Bestimm­te unter­neh­me­ri­sche Tätig­kei­ten fal­len durch das Unter­stüt­zungs­ras­ter und wer­den mit irrepa­ra­blen Schä­den in die Grund­si­che­rung getrieben.

– Die jetzt schon abseh­ba­ren Spät­fol­gen der Liqui­di­täts­hil­fen rau­ben vie­len Betrie­ben die künf­ti­ge Wett­be­werbs­fä­hig­keit und damit die Existenzgrundlage.

– Die unter­schied­li­che Hand­ha­bung der Sofort­hil­fe-Pro­gram­me in den ver­schie­de­nen Bun­des­län­dern aber auch für die unter­schied­li­chen For­men der selb­stän­di­gen Unter­neh­mens­füh­rung (Bsp.: Per­so­nen­fir­ma vs. GmbH) führt zu Wettbewerbsverzerrungen.

– Teil­wei­se wur­den Unter­stüt­zungs­vor­aus­set­zun­gen in den Län­dern nach­träg­lich ver­än­dert. Das ver­ur­sacht erheb­li­che Unsi­cher­heit und Ängs­te, weil der Antrag­stel­ler sei­ne Anga­ben an Eides Statt machen muss und so unge­wollt zum Betrü­ger wer­den kann.

– Aus der ursprüng­lich ver­spro­che­nen schnel­len, umfas­sen­den und unbü­ro­kra­ti­schen Hil­fe ist für vie­le ein büro­kra­ti­scher Hür­den­lauf mit vie­len Fall­stri­cken geworden.

Der deut­sche Mit­tel­stand mit all sei­nen Facet­ten ist bekann­ter­ma­ßen nicht nur das Rück­grat unse­rer Wirt­schaft, son­dern belebt und unter­stützt auch vor Ort das sozia­le Mit­ein­an­der. Dar­über hin­aus garan­tie­ren die klei­nen und mitt­le­ren Betrie­be die Fle­xi­bi­li­tät der Gro­ßen. Ein Weg­bre­chen schwächt die gesam­te deut­sche Wirt­schaft dau­er­haft und maßgeblich.
Zur Siche­rung der gegen­wär­ti­gen und künf­ti­gen Exis­tenz der Selb­stän­di­gen und des Mit­tel­stands sind u.a. drin­gend fol­gen­de Nach­bes­se­run­gen an den Unter­stüt­zungs­pro­gram­men notwendig:

1. Unter­stüt­zung der Solo-Selbständigen
Situa­ti­on:
– Solo-Selb­stän­di­ge/­Künst­ler/F­rei­be­ruf­ler erhal­ten in der Regel kei­ne Unter­stüt­zungs­leis­tun­gen aus den Coro­na-Hil­fen, weil ihre Lebens­hal­tungs­hal­tungs­kos­ten bei der Ver­ga­be nicht liqui­di­täts­min­dert berück­sich­tigt werden.
– Lau­fen­de Kos­ten u.a. für die Kran­ken­ver­si­che­rung, Pfle­ge­ver­si­che­rung, not­wen­di­ge Vor­sor­ge­leis­tun­gen, Unter­halts­ver­pflich­tun­gen (auch ehe­li­che!) blei­ben bestehen, obwohl die Ein­nah­men oft zu 100% weg­ge­bro­chen sind.
– Mit der poli­ti­schen Absicht, ange­stell­te Arbeit­neh­mer gera­de nicht in die Grund­si­che­rung (ALG II) zu schi­cken, wur­de das Kurz­ar­beits­geld bis zum Jah­res­en­de auf bis zu 87% erhöht. Gleich­zei­tig wer­den die Selb­stän­di­gen, die durch das Ras­ter der Coro­na-Hil­fen fal­len, ganz bewusst in die Grund­si­che­rung geschickt.
Fol­gen:
Selb­stän­di­ge die ALG II bezie­hen müs­sen, wer­den als „Sozi­al­hil­fe­emp­fän­ger“ stig­ma­ti­siert, auch wenn es die Kon­se­quenz einer staat­li­chen Ent­schei­dung („Höhe­re Gewalt“) war und nichts mit deren beruf­li­chem Geschick zu tun hat. Die Kon­se­quen­zen dar­aus sind:
– Als Emp­fän­ger von Sozi­al­leis­tun­gen ver­liert der Selb­stän­di­ge sei­ne per­sön­li­che Boni­tät und hat somit kaum noch eine Chan­ce an (Förder-)Kredite zu kom­men, um nach der Kri­se die selb­stän­di­ge beruf­li­che Tätig­keit wie­der­auf­zu­bau­en. Gleich­zei­tig läuft er Gefahr, dass bereits gewähr­te Kre­di­te (z.B. Bau­dar­le­hen, Inves­ti­ti­ons­dar­le­hen) wegen ver­än­der­ter Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se fäl­lig gestellt werden.
– Der Wie­der­auf­bau der selb­stän­di­gen Tätig­keit wird stark behin­dert, da sich Auf­trag­ge­ber oft­mals nicht an Grund­si­che­rungs­emp­fän­ger bin­den wol­len. (Bei­spiel: Ist ein Erfolgs­trai­ner noch trag­bar, wenn er selbst Sozi­al­fall ist?)
For­de­run­gen:
– Selb­stän­di­ge, ins­be­son­de­re Solo-Selb­stän­di­ge müs­sen – eben­so wie Arbeit­neh­mer – vor dem Abrut­schen in die Grund­si­che­rung geschützt werden.
– Bestehen­de Hilfs­pro­gram­me (insb. Bun­des- und Lan­des-Sofort­hil­fen als Zuschuss) wer­den für die­sen Kreis der Selb­stän­di­gen geöff­net. Dies soll gesche­hen durch Anrech­nung der Lebens­hal­tungs­kos­ten (ins­be­son­de­re Kos­ten für Kran­ken- und Pfle­ge­ver­si­che­run­gen, Vor­sor­ge­leis­tun­gen, Unter­halt­leis­tun­gen – auch inner­halb der eig­nen Fami­lie) auf die Bestim­mung des Liquiditätsengpasses.
– Die Öff­nung der Hilfs­pro­gram­me muss umge­hend und unbü­ro­kra­tisch erfolgen.

2. Unter­stüt­zung von neben­be­ruf­li­chen Selbständigen
Situa­ti­on:
– Selb­stän­dig­keit ist nicht zwangs­läu­fig eine haupt­be­ruf­li­che Tätig­keit. Vie­le Selb­stän­di­ge sind – z.B. zur finan­zi­el­len Absi­che­rung oder wäh­rend des Auf­baus der Selb­stän­dig­keit – par­al­lel in einem abhän­gi­gen Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis tätig.
– Auch in neben­be­ruf­li­cher Selb­stän­dig­keit wer­den oft erheb­li­che Inves­ti­tio­nen getä­tigt oder betrieb­li­che Schuld­ver­hält­nis­se ein­ge­gan­gen (Bsp. Zelt- oder Maschi­nen­ver­leih). Die­se Kos­ten lau­fen wei­ter, aus Gläu­bi­ger­sicht besteht kein Unter­schied zwi­schen haupt- und neben­be­ruf­li­cher Selbständigkeit.
– Die Coro­na-beding­ten Beschrän­kun­gen füh­ren oft zum Weg­bre­chen bei­der Ein­kom­mens­zwei­ge. Wäh­rend für die abhän­gi­ge Beschäf­ti­gung die Mög­lich­keit des Bezugs von Kurz­ar­beits­geld exis­tiert, gibt es kei­ne Unter­stüt­zung für den Ent­fall der Ein­nah­men aus selb­stän­di­ger Tätigkeit.
– Das Ver­hält­nis von selb­stän­di­gem und nicht selb­stän­di­gem Ein­kom­men kann fall­be­zo­gen sehr unter­schied­lich sein.
Fol­gen:
– Sofern das selb­stän­di­ge Ein­kom­men wesent­li­cher Bestand­teil des gesam­ten Ein­kom­mens ist, kann eine erheb­li­che Liqui­di­täts­lü­cke ent­ste­hen, die durch das nicht-selb­stän­di­ge Ein­kom­men (bzw. antei­li­ge Kurz­ar­bei­ter­geld) nicht mehr gedeckt wer­den kann. Das Abrut­schen in die Pri­vat-Insol­venz ist vorprogrammiert.
– Hin­sicht­lich des Anteils des selb­stän­di­gen Ein­kom­mens am Gesamt­ein­kom­men kön­nen die Fol­gen von ‚kaum Aus­wir­kun­gen‘ bis ‚exis­tenz­ge­fähr­dend‘ rei­chen. Die öffent­li­che Hil­fe muss die­sem Fakt gerecht werden

For­de­rung:
– Neben­be­ruf­lich Selb­stän­di­ge müs­sen eben­so vor den wirt­schaft­li­chen Coro­na-Fol­gen geschützt wer­den, wie abhän­gig Beschäf­tig­te und benö­ti­gen daher Unter­stüt­zungs­leis­tun­gen auf nicht rück­zahl­ba­rer Basis, eben­so wie Zugang zu den Kredithilfen.
– Die maxi­ma­le Höhe der Unter­stüt­zung wird am Ver­hält­nis des Ein­kom­mens aus selb­stän­di­ger Tätig­keit und der Sum­me der ande­ren Ein­kom­mens­ar­ten fest­ge­macht, um den unter­schied­li­chen Aus­prä­gun­gen neben­be­ruf­li­cher Selb­stän­dig­keit gerecht zu wer­den. Basis ist der Steu­er­be­scheid des Vor­jah­res oder die Glaub­haft­ma­chung der Vor­jah­res­er­trä­ge anhand ande­rer Unterlagen.

3. Unter­stüt­zung von Start­ups und Existenzgründern
Situa­ti­on:
– Start­ups und Exis­tenz­grün­der fal­len in der Regel durch alle För­der­ras­ter, weil in der Anlauf­pha­se eines Unter­neh­mens meist Ver­lus­te geschrie­ben wer­den, zur För­de­rung aber ein posi­ti­ver Geschäfts­ver­lauf vor­aus­ge­setzt wird.
– Inves­to­ren sind in der Coro­na-Kri­se oft selbst nicht in der Lage, die Liqui­di­täts­lü­cken ihrer Betei­li­gungs­un­ter­neh­men zu überbrücken.
– Die Eigen­ka­pi­tal­quo­te von Start­ups ist meist sehr nied­rig, da noch kein Eigen­ka­pi­tal erwirt­schaf­tet wer­den konnte.
– Sehr jun­ge Neu­grün­dun­gen kön­nen in der Regel noch kei­nen Jah­res­ab­schluss vor­wei­sen, eine bank­üb­li­che Unter­neh­mens­be­wer­tung ist damit nicht möglich
Fol­gen:
– Start­ups und Exis­tenz­grün­dern bleibt der Zugang zu Unter­stüt­zungs­maß­nah­men meist voll­kom­men ver­wehrt. Das betrifft Zuschüs­se eben­so wie Förderkredite.
– Durch Man­gel an Eigen­ka­pi­tal kann sehr schnell eine Über­schul­dung­s­i­tua­ti­on eintreten.
– Die Quo­te der Grün­der, die die Coro­na-Kri­se nicht über­le­ben, wird signi­fi­kant höher sein, als die der eta­blier­ten Unternehmen.
– Bis­her auf­ge­brach­tes Grün­der­ka­pi­tal wird in erheb­li­chem Umfang vernichtet.
– Die Kon­se­quenz ist, dass die gesam­te Grün­der­sze­ne „aus­ge­dünnt“ wird und auch nach der Kri­se mit eher rück­läu­fi­gem Grün­der­tum zu rech­nen ist.

For­de­run­gen:
– Für Unter­neh­men, die noch nicht län­ger als fünf Jah­re auf dem Markt sind, ent­fällt die rück­wir­ken­de Ertrags­prü­fung bei der Ver­ga­be von Hilfsgeldern.
– Die Insol­venz­an­trags­pflicht wird bis zum Ablauf des fünf­ten Betriebs­jahrs auf­ge­ho­ben, sofern der Grund zur Insol­venz­an­mel­dung in der Coro­na Kri­se begrün­det liegt.
– Künf­ti­ges Betei­li­gungs­ka­pi­tal in Unter­neh­men, die noch nicht län­ger als fünf Jah­re auf dem Markt sind, ist für den Inves­tor von der Steu­er befreit.

4. Schul­den­fal­le auf dem Weg aus der Krise
Situa­ti­on:
– An sich gesun­de Unter­neh­men erhal­ten eine Rei­he von Stun­dun­gen für Steu­ern, Sozi­al­ab­ga­ben, BG-Gebüh­ren, mög­li­cher­wei­se auch Miet­auf­schub und län­ge­re Lie­fe­ran­ten­zie­le, um bes­ser durch die Kri­se zu kommen.
– Dar­über hin­aus ste­hen Son­der­kre­di­te der Bun­des- und Lan­des­för­der­ban­ken in erheb­li­chen Umfang zur Ver­fü­gung, um Umsatz­aus­fäl­le zu kom­pen­sie­ren. (Anm.: Obwohl der Staat auf dem inter­na­tio­na­len Geld­markt von Nega­tiv­zin­sen pro­fi­tiert, wer­den die Son­der­kre­di­te mit meist 3% Zins rela­tiv teu­er ausgegeben)

– Kurz­fris­tig wer­den erheb­li­che Liqui­di­täts­vor­tei­le erreicht, die den Weg durch die Kri­se erleich­tern kön­nen. In der Regel wird auch jeder ver­ant­wor­tungs­vol­le Unter­neh­mer in einer Kri­sen­si­tua­ti­on zuerst die Liqui­di­tät sichern und der­ar­ti­ge Ange­bo­te ger­ne anneh­men. Unter dem Druck der akut not­wen­di­gen Unter­neh­mens­ret­tung wird dabei oft in Kauf genom­men, dass die Ertrags­kraft für den künf­tig zu leis­ten­den Kapi­tal­dienst noch gar nicht rea­lis­tisch ein­ge­schätzt wer­den kann.
Fol­gen A (Ver­lust an Wettbewerbskraft):
– In der Sum­me kön­nen sich Liqui­di­täts­hil­fen und För­der­kre­di­te schnell zu Grö­ßen­ord­nun­gen von 3 – 6 Monats­um­sät­zen sum­mie­ren. Die an sich gesun­den Unter­neh­men schie­ben so einen sich immer wei­ter auf­tür­men­den Schul­den­berg vor sich her.
– Geht man davon aus, dass die Fir­men tat­säch­lich wie­der Fuß fas­sen und die­se Schul­den plan­mä­ßig zurück­füh­ren kön­nen, wird dies in der Regel die gan­ze Kraft des Unter­neh­mens über zwei bis fünf Jah­re binden.
– Gera­de in die­ser Zeit sind auf­grund der durch Coro­na ver­än­der­ten Situa­ti­on Inves­ti­tio­nen in Wachs­tum, Digi­ta­li­sie­rung, neue Tech­no­lo­gien, neue Geschäfts­mo­del­le, not­wen­di­ge Sor­ti­ments­an­pas­sun­gen, neue Märk­te und Mit­ar­bei­ter­fort­bil­dung äußerst wich­tig, um wett­be­werbs­fä­hig zu bleiben.
– Da lang­sam wie­der ent­ste­hen­de Erträ­ge der Rück­füh­rung der Schul­den und Stun­dun­gen die­nen (müs­sen), kön­nen gleich­zei­tig not­wen­di­ge Inves­ti­tio­nen in der Regel nicht in aus­rei­chen­dem Maße getä­tigt werden.
– In der Kon­se­quenz ver­lie­ren die­se Unter­neh­men an Wett­be­werbs­kraft, dann an Markt­an­teil und Gewinn. Bei gleich­zei­tig wei­ter­lau­fen­den Kapi­tal­diens­ten wird eine Nega­tiv-Spi­ra­le in Gang gesetzt, die vie­le Unter­neh­men zwangs­läu­fig in erheb­li­che Schwie­rig­kei­ten brin­gen wird.
– Anmer­kung: Anfäng­lich til­gungs­freie Jah­re bei den För­der­kre­di­ten schaf­fen hier kei­ne Abhil­fe, weil der Kapi­tal­dienst danach umso höher ist und in den ers­ten 1 – 2 Jah­ren ohne­hin mit deut­li­chen Ein­bu­ßen gegen­über der Vor-Coro­na-Zeit zu rech­nen ist.
For­de­rung A (Inves­ti­ti­ons­hil­fe durch Anrech­nung auf die Tilgung):
– Unter­neh­men, die Coro­na-Kre­di­te der Bun­des- und Lan­des­för­der-Ban­ken in Anspruch genom­men haben, wird die Til­gung in genau der Höhe erlas­sen, in der sie das Geld in Moder­ni­sie­rung, Wachs­tum, Sor­ti­ments­an­pas­sun­gen, Wie­der­auf­bau oder Wei­ter­bil­dung investieren.
– Aus Sicht des Staa­tes ist das ein unmit­tel­ba­res Inves­ti­ti­ons­hil­fe-Pro­gramm, das den Betrie­ben direkt zugu­te­kommt, die nach der Kri­se inves­tie­ren. Es belohnt die­je­ni­gen, die ihre Wett­be­werbs­fä­hig­keit stär­ken sowie sich den neu­en Gege­ben­hei­ten anpas­sen und es kur­belt gleich­zei­tig die Wirt­schaft an und belebt den Arbeits­markt. Vor allem wirkt die­se Hil­fe unmit­tel­bar und sofort genau dort, wo sie benö­tigt wird, was durch höhe­re Steu­er­ein­nah­men die Staats­hil­fe mit­tel­fris­tig wie­der refi­nan­ziert. Das gilt für Bund und Län­der gleichermaßen.
– Aus Sicht der betrof­fe­nen Unter­neh­men hebt es die Moti­va­ti­on, die Sanie­rungs­kre­di­te in Anspruch zu neh­men und schnellst­mög­lich wie­der zu inves­tie­ren. (Anm.: Man hört der­zeit all­zu oft: „Bevor ich mich so hoch ver­schul­de, schlie­ße ich die Fir­ma lie­ber gleich“).

Fol­gen B (Insol­venz-Gefahr):
– Die Anhäu­fung von Stun­dungs­ver­pflich­tun­gen und Hilfs­kre­di­ten kann in der Sum­me schnell das Eigen­ka­pi­tal gera­de bei klei­ne­ren Mit­tel­ständ­lern über­schrei­ten. Die unum­gäng­li­che Kon­se­quenz wäre die Insolvenzanmeldung.
For­de­rung B (Son­der­re­ge­lun­gen für fremd­ver­schul­de­te Insolvenz):
– Um zu ver­mei­den, dass in den nächs­ten 12 – 36 Mona­ten ein erheb­li­cher Anstieg der Unter­neh­mens­in­sol­ven­zen zu ver­zeich­nen ist, muss im Insol­venz­recht zwi­schen eigen- und fremd­ver­schul­de­ter Insol­venz unter­schie­den werden.
– Eigen­ver­schul­de­te Insol­ven­zen beru­hen auf vor­sätz­li­chen oder grob fahr­läs­si­gen Tat­be­stän­den. Fremd­ver­schul­de­te gehen auf übli­cher­wei­se nicht zu erwar­ten­de oder nicht vom Unter­neh­mer zu beein­flus­sen­de Ereig­nis­se zurück. Coro­na wird als „höhe­re Gewalt“ ein­ge­stuft, dar­aus ent­ste­hen­de Insol­ven­zen fal­len in die Kate­go­rie „fremd­ver­schul­det“.
– Zur Fest­stel­lung ob eigen- oder fremd­ver­schul­det, wird den Gerich­ten ein von Exper­ten und Wirt­schafts­ver­tre­tern (z.B. aus Ver­bän­den und Kam­mern) besetz­tes Gre­mi­um mit bera­ten­der Funk­ti­on zur Sei­te gestellt.
– Stellt der Unter­neh­mer Insol­venz­an­trag und wird die Insol­venz als fremd­ver­schul­det ein­ge­stuft, wird ihm ein Sanie­rungs­be­ra­ter anstel­le eines Insol­venz­ver­wal­ters zur Sei­te gestellt und ein Schutz­schirm­ver­fah­ren eröffnet.
– Insol­venz­an­trä­ge von drit­ter Sei­te (Finanz­amt, Sozi­al­kas­sen, Lie­fe­ran­ten, Ban­ken, etc.) wer­den bei fest­ge­stell­tem Fremd­ver­schul­den abge­wie­sen. Statt­des­sen wer­den die Antrag­stel­ler ver­pflich­tet, an dem Sanie­rungs­kon­zept kon­struk­tiv mitzuwirken.
– Kommt der o.g. Exper­ten-Bei­rat zu der Emp­feh­lung, dass eine Sanie­rung nicht mehr mög­lich ist, erfolgt im Fal­le der fremd­ver­schul­de­ten Insol­venz eine ein­fa­che Liqui­da­ti­on des Unter­neh­mens. Der Unter­neh­mer wird nicht in die per­sön­li­che Haf­tung für Steu­ern und Sozi­al­ab­ga­ben genom­men und kann wei­ter­hin unter­neh­me­risch tätig sein.

5. In der Gewer­be­steu­er müs­sen Dau­er­schuld­ver­hält­nis­se wie­der voll­stän­dig ange­rech­net werden
Situa­ti­on:
– Da bei der Berech­nung der Gewer­be­steu­er Dau­er­schuld­ver­hält­nis­se antei­lig nicht als Aus­ga­ben ange­rech­net wer­den, kann sich die Situa­ti­on erge­ben, dass Unter­neh­men Ver­lus­te schrei­ben und trotz­dem Gewer­be­steu­er, die in ihrem eigent­li­chen Sinn eine Ertrags­steu­er ist, anfällt.
– Der Gedan­ke des Gesetz­ge­bers war bei Ein­füh­rung, ein Steu­er­schlupf­loch für inter­na­tio­na­le Groß­un­ter­neh­men zu schlie­ßen, die durch inter­ne Dau­er­ver­rech­nun­gen Ver­lus­te in Deutsch­land erzeugt haben. Mit­tel­ständ­ler und Klein­un­ter­neh­men wur­de davon bis heu­te nicht aus­ge­nom­men und kom­men in die­se inver­se Situa­ti­on, wenn sie bei­spiels­wei­se hohe Lea­sing- oder Miet­kos­ten haben, wäh­rend gleich­zei­tig kei­ne Gewin­ne anfallen.
Fol­gen:
– Gera­de durch Coro­na wer­den die Ein­nah­men bei vie­len Betrie­ben abge­schnit­ten, wäh­rend die Mie­ten, Lea­sing- und Lizenz­kos­ten wei­ter­lau­fen. (Bsp.: Rei­se­bus­un­ter­neh­men – hohe Lea­sing­ra­ten, kein Geschäft in Corona-Zeiten)
– Bei betrof­fe­nen Unter­neh­men sind Ver­lus­te min­des­tens in 2020 vor­pro­gram­miert, weil Dau­er­schuld­ver­hält­nis­se in der Regel nicht kurz­fris­tig abge­stellt wer­den kön­nen. Trotz­dem kann zusätz­lich eine Gewer­be­steu­er­schuld ent­ste­hen. Steu­er auf Ver­lus­te zu zah­len ist nicht nur gro­tesk und ein­ma­lig in der Welt, son­dern – wenn es durch die Coro­na-Kri­sen­si­tua­ti­on zu einer flä­chen­de­cken­den Pra­xis wird – auch belas­tend für das Unter­neh­men und gefähr­lich für den Wie­der­an­lauf der Wirtschaft.
For­de­run­gen:
– Ab dem Jahr 2020 wer­den Dau­er­schuld­ver­hält­nis­se (wie­der) voll­stän­dig in der Gewer­be­steu­er als gewinn­min­dern­de Aus­ga­ben berücksichtigt.
– Um den ursprüng­lich gewoll­ten Effekt bei inter­na­tio­na­len Groß­un­ter­neh­men wei­ter­hin zu errei­chen, wird die­se Rege­lung auf Betrie­be bis 1.000 Mit­ar­bei­ter beschränkt.

Ansprech­part­ner für Rückfragen:
Bund der Selb­stän­di­gen Deutsch­land e.V.
Am Wei­den­damm 1
10117 Berlin

Lilia­na Gat­te­rer                                                    Ingolf F. Brauner
Prä­si­den­tin                                                            Vize­prä­si­dent, Themenkoordinator

T +49 (0)6321 9375143                                           T +49 (0)8191 965587
E liliana.gatterer@bds-rlp.de                              E ingolf.brauner@mibbayern.de

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